Jan Suren Möllers

Pronomen: er/ihm

Studium an der Uni Hamburg Informatik und Kulturanthropologie bei Norbert Fischer (M.A.), Ausbildung zum Trauerbegleiter bei Chris Paul/BVT

Vor 20 Jahren wurde ich mit viel Wut im Bauch Bestatter. Soviel schien mir verkehrt in der Art, wie wir mit unseren Toten umgehen und wie schwer wir es denen machen die zurück bleiben und weiterleben. In den folgenden Jahren war und bin ich bis heute Teil eines tiefgreifenden Wandels zu einem menschlicheren Umgang mit dem Tod. 2011 kehrte ich in meine Geburtstadt Berlin zurück und habe memento Bestattungen mitgegründet.

Meine Schwerpunktthemen sind Rituale, Schuldzuweisungen und gewaltsame Todesumstände. Ich habe 2020 die Fort- und Weiterbildung für Traueredner*innen und 2023 die für Bestatter*innen mitentwickelt und führe sie auch durch.

Hör-Seh-Lese-Proben

Interview mit dem endlich. Podcast vom 23. August 2020

In meiner Abschlussarbeit der großen Basisqualifikation zum Trauerbegleiter (PDF) habe ich 2017 zusammengefasst und erklärt, warum es wichtig ist, Trauernden auch bei einem Suizid als Todesursache die Gelegenheit zu geben, sich vom toten Körper ihrer Zugehörigen in Ruhe zu verabschieden. Während in Hospizen die Ermutigung zur Begegnung mit den Verstorbenen selbstverständlich ist, sind bei einem Tod durch Suizid solche Sätze wie: „Tun Sie sich das nicht an“ oder „behalten Sie ihn so in Erinnerung, wie Sie ihn zuletzt gesehen haben“ gang und gäbe. Es gibt aber sowohl den Impuls bei den Zugehörigen/Trauernden, im aktuellen Moment ihre Toten sehen zu wollen, wie die rückblickende Erfahrung, dass es gut war oder gewesen wäre, noch einmal Zeit mit den toten Körper zu haben. Trotzdem ist die Realität immer noch eine Andere und vielen Zugehörigen wird nach einem Suizid der Zugang zu ihren Toten mit Angstmacherei, Ignoranz oder Druck verwehrt.

Das Konzept der „konstruktiven Schuldbearbeitung“ von Chris Paul war für mich von Beginn meiner Arbeit als Bestatter an sehr wichtig. Der Besuch einer der ersten Fortbildungen, die sie dazu anbot, hat mir ganz neue Perspektiven auf meine Arbeit eröffnet und Wege gebahnt, wie man Konzepte der Trauerbegleitung  auf unsere Arbeit als Bestattende übertragen kann. 2015/2016 hatte ich eine intensive Hospitationszeit bei Chris Paul und habe danach auch meine große Basisqualifikation Trauerbegleitung bei ihr abgeschlossen. Seit 2016 arbeite ich mit ihr und Dr. Tanja Brinkmann zusammen im Rahmen der schuld*werker*innen. 2021 haben wir gemeinsam einen Artikel in der Zeitschrift für Palliativmedizin veröffentlicht: Brinkmann/Moellers/Paul: Schuldvorwürfe in der Palliativversorgung neu verstehen (PDF)

 

Das Thema Rituale begleitet mich schon mein ganzes Leben. Daran schloss sich meine wissenschaftliche Beschäftigung mit den Thema an und irgendwann fand sich im Bestatten dann alles zusammen. Einen kurzen Einblick in das Ergebnis bietet dieser Vortrag zum Thema Rituale auf der digitalen Messe „Leben und Tod“ 2020 (ab Minute 4:57:30).

Meine Magisterarbeit „bezahlbare Riten“ (PDF) an der Uni Hamburg bei Norbert Fischer. Hier habe ich 2009 einen ersten Zwischenstand meiner Überlegungen zu einer Wiederaneignung des Todes formuliert, bevor ich dann 2011 memento mitgründete. Die Abschlussarbeit in meinem zweiten Hauptfach Informatik zum Thema Intelligenz und Emotionen ist leider trotz des spannenden Themas und des Bezugs zu Trauer ein schlechter Text, sodass ich sie einfach in den unendlichen Tiefen der Uniarchive verschwinden lassen werde.

Mein Netzwerk

Mir sind Austausch und gemeinsames Lernen wichtig. Hier finden sie Kolleg*innen außerhalb von memento, deren Arbeit wichtig und prägend für mich ist und mit denen ich im gemeinsam lernenden Kontakt stehe:

Bei Chris Paul habe ich meine große Basisqualifikation als Trauerbegleiter gemacht. Ihre Verbindung von Klarheit und Präzision im Verstehen mit Intuition und Zugewandtheit in der menschlichen Begegnung, prägt hoffentlich auch meine Arbeit. Auch Ressourcenorientierung und ein konsequentes Vertrauen in die Menschen, die ich begleite, habe ich von ihr gelernt. An ihrem Konzept der konstruktiven Schuldbearbeitung arbeite ich mit ihr und Dr. Tanja Brinkmann im kollegialen Netzwerk der „schuld*werker*innen“.

Mit seiner großen Erfahrung, seinem noch größeren Herz und seiner Suche nach rituellen Formen für das 21. Jahrhundert ist Hermann Bayer ein ermutigendes und anspornendes Gegenüber für mich.

Seit sie das erste Mal in einer meiner Fortbildungen aufgetaucht ist, verbindet Anja Franczak und mich ein bereichernder Austausch. Ihre Arbeit im Instytut Dobrej Śmierci ist sehr innovativ und der Austausch mit der polnischen Perspektive bewegend und erhellend.

DasTrauer Netzwerk Niedersachsen bietet langfristige und behutsame Unterstützung in Form qualifizierter Trauerbegleitung für Familien mit einem palliativ erkrankten Kind an. Ich biete gemeinsam mit Anke Bsteh regelmäßig Fortbildungen für die Begleitenden an.

Ich arbeite im BVT und hier in Berlin ist mein lokales Netzwerk nachwelt.berlin sehr wichtig für mich.